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Zwetschgenkuchen – Fränkische Hauszwetschgen

Am Baum gereifte Zwetschgen sind wahre Aromabomben! Ein Zwetschenkuchen aus reifen Früchten braucht kaum zusätzlichen Zucker. Das Fränkische Freilandmuseum des Bezirks Mittelfranken kultiviert historische Zwetschgen- und Pflaumensorten, etwa verschiedene Fränkische Hauszwetschgen und auch Pogauner Wildpflaumen. Kurze Zeit im Herbst gibt es diese Zwetschgen zu kaufen, dann ist Zwetschgenkuchenzeit. Im Museumsshop wird das ganz Jahr über Zwetschgenwasser angeboten, das aus den Museumzwetschgen gebrannt wurde.

Zwetschgenanbau in Franken

Schon seit dem 8. Jahrhundert, der Zeit Karls des Großen, werden in Franken Zwetschgen kultiviert. In Kloster- und Adelsgärten wurden Obstbäume gepflanzt. Zum Schlösschen Eyerlohe, das heute im Freilandmuseum steht, gehörte im 18. Jahrhundert ein „Obst-, Gras- und Wurzgarten“ wie ihn das Kataster von 1832 (v. Eybsches Archiv Schloß Rammersdorf K8) nennt. So diente das Anwesen in Eyerlohe einem ansbachischen Hofbeamten als landwirtschaftliches Versorgungsgut.

Vermehrt propagierten dann die Aufklärer seit dem 18. Jahrhundert den Obstanbau. Ein Beispiel ist der Schulmeister und Gemeindevorsteher Johann Leonhard Conrad (1780 – 1826) der sein Dorf Weimersheim, heute ein Ortsteil von Weißenburg i. Bay., zu einem Schwerpunkt des Obstanbaus machte. In seiner Ortschronik hebt er besonders die Vorteile des Zwetschgenanbaus hervor

„… zu den Vorzügen ländlicher Industrie gehört ferner der Obstbau, der allein mehreren geringen [armen] Einwohnern öfters ihr ganzes Auskommen gewährt. Es waren in den letzten Jahren welche darunter, die nur aus dem Gewinn mit Zwetschgen Kapitalien abzahlen konnten. Dieser Baum und Fruchtart wächst hier ohne Mühe und aus dem Wurzelausschlag in vorzüglicher Güte …“ (S. 225)

So gab es in Weimersheim um 1900, zum Höhepunkt des Obstanbaus, über 8500 Obstbäume. Davon waren mehr als die Hälfte Zwetschgenbäume. Für die Zwetschgen sprach, dass sie sich als Wildobst selbst vermehrten. D.h. es genügt, aus den Wurzeln die Bäume zu verpflanzen. Im Gegensatz zu Äpfeln und Birnen müssen wurzelechte Zwetschgen nicht veredelt werden, indem man auf die Stämme von Wildobst Äste von Edelsorten aufpfropft. Äpfel und Birnen brauchen regelmäßig auch noch einen kunstgerechten Obstbaumschnitt. Zwetschgen dagegen müssen kaum beschnitten werden. So haben sich von der Fränkischen Hauszwetschge mit der Zeit verschiedene Sorten entwickelt. Inzwischen werden rund zwanzig Varietäten der Hauszwetschgen angebaut. Ende des 19. Jahrhunderts gingen durch die Reblaus in Franken viele Flächen für den Weinbau verloren und wurden dann für den Obstanbau genutzt. Auch kleinere, sich aus der Realteilung ergebende Flächen wurden in Streuobstwiesen umgewandelt. Im Maintal verkauften Bauern die Früchte an die vielen kleinen Brennereien, um ihr Einkommen aufzubessern. In den 1960er-Jahren wurden viele der bäuerlichen Streuobstwiesen aufgegeben. Erst seit den letzten Jahrzehnten werden die Streuobstbestände wieder neu geschätzt. Die Fränkische Hauszwetschge gehört neben dem Wein zum kulinarischen Erbe Frankens und wird als bayerische Spezialität vermarktet.

Die Frucht der Fränkischen Hauszwetschge ist oval und hat eine blaue, schwarzblaue oder violette Farbe, das Fruchtfleisch ist grüngelb bis rötlich. Das lokale Klima Frankens mit reichlich Sonne und relativ geringen Niederschlägen prägt den Geschmack der Früchte und beschert ihnen einen hohen Zuckergehalt. Besonders hoch ist dieser bei Spätzwetschgen, die zum Herbst erntereif sind. Damit eignen sie sich ideal für Obstkuchen.

Zwetschgenbäume an einem Weinbergshang, Foto Fritz Pachtner im Bildarchiv des Fränkischen Freilandmuseums

Fränkische Hauszwetschge, Foto Spezialitätenland-Bayern StMELF

Fränkische Hauszwetschge als Hausbaum am Thiels Weg Mainstockheim, Foto Otto Beck 1963 im Bildarchiv des Fränkischen Freilandmuseums

Zwetschgenbäume in der Flur von Mainstockheim, Foto Otto Beck 1965 im Bildarchiv des Fränkischen Freilandmuseums

Zwetschgenkuchen mit Rührteig

Zwetschgenkuchen mit Fränkischen Hauszwetschgen, Foto Margarete Meggle-Freund

Nur in einem kurzen Zeitraum etwa von Ende Juli bis in den Oktober gibt es Zwetschgen, aber dann kann es auf einmal eine größere Menge sein. Da bewährt sich dieses Zwetschgenkuchenrezept, weil es so überaus schlicht und einfach zuzubereiten und doch sehr gut ist. Weil die Zwetschgen nicht ausreichten sind auf dem Foto noch einige Apfelstücke unter die Zwetschgen gemischt. Die beiden Schüsselchen mit den geometrischen Art déco artigen Malhorndekoren sind Anfang der Dreißigerjahre entstanden. Es sind „Schwesternschüsselchen“: Das blaue dekorierte Schüsselchen kommt aus einer Haushaltsauflösung einer ledigen Dame in den Achtzigerjahren. Als Jahre später deren Schwester starb, fand sich das rote dekorierte Schüsselchen. Es hat leider einen Sprung. Die Schwester hatte Familie und entsprechend wurde das Geschirr stärker beansprucht. Inzwischen haben die beiden „Schwesterschüsselchen“ wieder zusammengefunden.

Für 1 Backblech benötigt man:
Für den Teig: 75 g weiche Butter, 1 Ei, ½ Tütchen Backpulver, 75 g Zucker oder Agavensirup (bei ganz reifen Früchten kann man den Zuckeranteil reduzieren), 1 Prise Salz, ein kräftiger Schuss Rum, 1/8 – 1/16 l Milch, 250 g Mehl (1060er Dinkel),
Als Belag: 2 kg Spätzwetschgen oder zusätzlich auch etwas Apfel in dünnen Scheiben, Zimt, 1 Tütchen Vanillezucker

Die weiche Butter wird mit Ei und Zucker schaumig geschlagen, Milch und Rum und dann das Mehl mit Backpulver und Salz untergerührt. Nun wird der Teig mit einem Teichschaber auf ein mit Backpapier belegtes Blech gestrichen. Die Zwetschgen werden entkernt und die Hälften der Zwetschgen werden von der Spitze her nochmals etwas eingeschnitten, damit sie sich schön flach legen lassen. Die Zwetschgen in Reihen, leicht überlappend auf den Teig legen und mit Zimt und Vanillezucker bestreuen. Etwa 30 Minuten bei mittlerer Hitze backen. Mit Schlagsahne schmeckt der Zwetschgenkuchen besonders gut.

In meiner Kulinarikserie des Fränkischen  Freilandmuseum Bad Windsheim finden sich alte und erneuerte Rezepte mit Zutaten aus Franken, einfach und alltäglich, oder auch einmal aufwendigere, kreative Rezepte mit kulturhistorischem Hintergrund.

© Dr. Margarete Meggle-Freund
Kulturwissenschaftlerin
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