Sich mit Kleidung und Mode zu beschäftigen scheint ein unerschöpfliches Feld. Gibt es doch nicht Kleidung per se, sondern Tracht, Arbeitskleidung, historische Kleidung, Kostüme, usw. In der Volkskunde beschäftigte man sich anfänglich mit Tracht, aber entdeckte bald die Aussagekraft von Kleidung an sich. Der Wechsel von Kleidern unterliegt nicht nur unterschiedlichen Bedingungen von Temperaturen, Witterung oder Arbeitsprozessen, sondern die Mode der Zeit gibt die Richtung vor.
„So hässliche und widrige Dinge sind manchmal modern, als wollte die Mode ihre Macht gerade dadurch zeigen, dass wir ihretwegen das Abscheulichste auf uns nehmen“ (Simmel,1919,S.2).
Mode als Produkt stabiler Gesellschaften, scheint sich vielfach von funktionalen Aspekten zu entfernen. Sie tauscht Prioritäten: funktionale scheinen sozialen Rationalitäten zu weichen. Ein Ursprung oder eine Rechtfertigung findet sie in der Unfertigkeit von Kleidung Gruppenzugehörigkeiten ausreichend auszudrücken. Mit Auflösung von Traditionen und Ausdifferenzierung der Gesellschaft entsteht das Bedürfnis der Distinktion. Mode erscheint in einem Spannungsfeld von Indivdualität und Gruppenzugehörigkeit. Als Distinktionsform ist sie Mittel der oberen Schicht, bevor sie durch die Nachahmung nach unten sickert. Sie wird so als Raum der Aushandlung von Klasse, aber auch Kultur beschrieben.
Kulturhistorisch determiniert ist auch das Streben „schön“ zu sein. Ein tief verankertes Ideal, das im Wandel von Ort und Zeit variiert. Dadurch hat auch Mode nicht Bestand. Der Umgang mit Vergangenheit scheint ambivalent interpretiert, einmal als kreativ, einmal als Verwendung bedeutungslos gewordener Hüllen. Ist Mode nur gesellschaftliche Konstruktion mit der Tendenz einer leeren Wiederholung von Wiederholungen?
Mode ist und war auch immer Ausdrucksmittel der Kunst. Losgelöst von der Nutzenfunktion ist ihr zugeschrieben Kunst alltagsfähig zu machen. So definiert sie Standards von Schönheit und Körper immer wieder neu, beschreibt Ästhetik und inszeniert. Der Körper bleibt Basis, auf der sich die Mode entfalten kann, ohne ihn ist sie nichts, aber er ohne sie auch längst nichts mehr. Mit der Mode formen sich Silhouetten neu und werden auch umgestaltet. Aber richtet sich nicht auch die Mode zwangsläufig nach den vorhandenen Körpern? Oder wachsen Mode und erwerbbare Kleidung auseinander? Lifestyle ist eines der großen Worte unserer Gesellschaft. Formt Mode auch unseren Geschmack bei Lebensmitteln, Möbeln, Reisen, Gütern? Werden auch Gedanken zur Mode? Mode scheint omnipräsent. Nicht einmal das bewusste Tragen „unmodischer“ Kleidung entzieht sich dem fast schon gesellschaftlichen Zwang des Modischen. Viele sehen eine Verlagerung der Lage der Trendsetter, sie sehen neue Ideen in Randgruppen der Gesellschaft, die sich dann zur Mitte hin etablieren. Wenn Mode so losgelöst von einstiger Bedeutung verwendet wird, was kann sie dann ausdrücken?
Mode ist Mittel der Inszenierung, ist Handlungsart, „cultural performance“. Mode schafft Identität, konstruiert Bilder von Männlichkeit und Weiblichkeit, von Mainstream und Randgruppen und als kulturelles Handeln erschafft es somit ein Gesamtbild. In jeder Interaktion ist also etwas „modisches“ zu finden, das Individuum ist nicht losgelöst davon zu betrachten. Warum sollte man Mode also nicht nutzen können? Um sich zu behaupten, um sich mit bestehenden Mitteln gegen oder für den Zustand auszudrücken, um mit ihrer Macht zu spielen? Im Gewand der Gegenwart sucht nach aktuellen Trends, Kleidungsstücken, die uns gerade jetzt oder schon länger begleiten und versucht herauszufinden, was wir aus ihnen machen.